Hört auf an Pläne zu glauben, lernt mit dem System zu tanzen!

 

Hört auf an Pläne zu glauben, lernt mit dem System zu tanzen! (Lars Vollmer)

 

Unterrichtsplanung im vier Minuten Takt

 

Unglaublich aber wahr, man lernt heute in der Lehrerausbildung seinen Unterricht im vier Minutentakt zu planen.

 

Dies hat ein Arbeitskollege letzte Woche erzählt.

 

Na, dann viel Erfolg beim Differenzieren. Schlagwörter wie „jeder in seinem eigenen Lerntempo“, „eigene Beispiele für die intrinsische Motivation“, aber bitte durch vier teilbar?

 

Ich habe schon seit längerem das Gefühl, dass die „Vielfalt der Differenzierung“ auf der einen Seite durch immer minutiösere Planung auf der anderen Seite ausgehebelt wird.

 

Für mich zeigt sich ganz oft das Bild, dass nach Außen der Unterricht modern und maßgeschneidert scheint, dahinter sich aber ein enges Korsett an fein getakteter Planung und aufgeblähter administrativer Vorgaben verbirgt. Und dieses Korsett erstickt die Vorzüge der Differenzierung.

 

Hilfreich um die Unsinnigkeit der engen Planung aufzuzeigen ist ein Bild, das von Lars Vollmer in seinem Buch „Wrong Turn“ gebraucht wird.

 

Komplizierte Systeme funktionieren linear, nach dem Wenn-Dann Prinzip. Z.B. Uhren, Maschinen.

 

Komplexe Systeme sind unvorhersehbar. Es braucht Leitplanken, die die Richtung vorgeben, aber den Weg dorthin muss die direkt involvierte Gruppe gehen. Spontan reagierend auf alles was passiert. Und natürlich schließt das eine Planung im Vorfeld überhaupt nicht aus. Aber in einem gesunden Maße.

 

In der Realität geschieht folgendes: Es wird versucht für jede Eventualität linear vorauszuschauen, ein Wenn-Dann Szenario abzubilden mit Vorschrift, Standard, Regel. Ein Wahnsinn, wenn man sich vorstellt, wie komplex eine Klassenstruktur ist. Zwanzig Menschen, meist noch jugendlich und noch drei bis vier Lehrer. Dass alles noch mit eigenem Lernweg und Lerntempo und dazu noch das Zwischenmenschliche. In jeder Fortbildung wird auf diesen Umstand hingewiesen und immer mit der Mahnung alles gut zu planen. Wenn das, dann das und so weiter. Da wird das Korsett schon sehr eng und es kann einem leicht die Luft ausgehen.

 

Chirstof Arn weist in seinem Buch zur agilen Didaktik darauf hin, dass das spontane Abweichen von der Planung die Regel ist oder besser sein müsste. Bei Hospitationen werden sie oft negativ bewertet, vor allem bei Prüfungslektionen. Wäre ein Lob an dieser Stelle nicht die bessere Reaktion? Aus der Situation heraus auf die Bedürfnisse der Klasse reagieren und mit ihrem Problem weiterarbeiten. Bravo!!

 

Planungskonfomität- Es wird an dieser Stelle KollegInnen geben, die sagen, bei mir klappt das immer mit der Planung. Das klingt schon sehr nach hellseherischen Fähigkeiten, oder? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass diese KollegInnnen schlicht nicht wahrnehmen, was bei den Lernenden passiert bzw. nicht fähig oder bereit sind darauf zu reagieren? (vgl. Ch. Arn Agile Didaktik S.26)

 

Denkbar wär`s!